Outlaw im Outback III -

Australische Ostküste

 

Brisbane und Australiens Ostküste
Brisbane und Australiens Ostküste

 

UnterTauchurlaub im Ferienstaat Queensland

In Brisbane am Flughafen wird mein Zelt verdächtig beäugt. Nachdem die Heringe und Zeltstäbe als gerade noch annehmbar durchgehen, öffnet die Zollbeamtin die Plane – sieht erste Grashalme, dann Grassamen und realisiert, dass die Nässe darin nicht weniger wird.

„Hm, das geht so nicht“, schüttelt sie den Kopf nach hinreichender Begutachtung, „Das muss gereinigt werden.“

„Wie lange wird das denn dauern?“, frage ich skeptisch zurück.

„So lange, wie es dauert“, folgt die nobelpreisverdächtige Auflösung.

„Na schön und wie lange ist das auf diesem Kontinent, schätzungswiese?“, hake ich nach.

„Vielleicht 20 Minuten.“

Sagt’s und nimmt die Plane mit. Derweil versuche ich die Zeit zu nutzen, hocke mich an die Seite auf den Flughafenboden und beginne etwas zu lesen. Weit schaffe ich es allerdings nicht, denn schon kommt die Kontrolleuse wieder angedackelt und bedeutet mir, dass es keinen Sinn habe das Zelt reinigen zu wollen und dass ich gehen könne. Kurz fragt sie noch wie es um meine Wanderschuhe bestellt ist, bereut aber schon ihre Worte, die ich nur mit „Sind sauber“, quittiere und zu hören bekomme:

„Wenn die so sauber sind wie das Zelt…“

Süffisant frage ich konternd:

„Wollen Sie die auch sehen?“

„Nein, nein“, wird meine Anfrage schnell abgewehrt, „Gehen Sie bitte einfach.“ Ein bisschen Resignation höre ich heraus, spare aber ihr und mir weitere beklemmende Minuten und mache mich auf den Weg in die Stadt…

 

Brisbane:

Brisbane: Roma Street Parkland
Brisbane: Roma Street Parkland

...tropisch heiß und schwül! Nachdem sich bei dem Versuch die Allzwecktransportwaffe „GoCard“ am Schalter aufzuladen meine Kreditkarte aus dem Reich der Totgeglaubten zurückmeldet und als funktionstüchtig erweist, fühle ich mich schon wieder ein ganzes Stück freier. Bis Ralf eintrifft wird das gesamte Gepäck durch den durchaus sehenswerten Roma-Street-Park in die Stadt geschleppt, getrieben vom dortigen Bratengeruch der BBQs in Richtung Fresstaurants. Das erstbeste ist Mosburger, wobei ich mich anfangs noch wundere, dass die Bedienung komplett aus Japanern zusammengesetzt ist wie auch sämtliche Gäste. Dabemerke ich den asiatischen Bevölkerungsanteil immer deutlicher. Auf der Suche nach dem Treffpunkt mit Ralf komme ich sogar an einem japanischen Bordell vorbei – wen wundert‘s – gegenüber vom Hilton-Hotel. Weil in den Häuserschluchten auch noch mein GPS vom Handy kein annehmbares Signal mehr empfängt, muss ich wieder Straßennamen lesen lernen – wie im Mittelalter!

Um einer möglichen Beschattung durch unsere Verfolger zu entgehen, hatten wir uns für den Flug getrennt und einen Treffpunkt in Brisbane ausgemacht, von wo aus wir für die nächste Zeit untertauchen können. Bei Ralf zuhause bewundere ich die australische Lebensweise: die Hitze, die kopfgroßen Giftspinnen (von denen er erstmal nur erzählt), die Geckos an der Wand beim Warten auf Fliegen und die Schreie der Possums beim nächtlichen Revierkampf.

Irgendwann am Abend kommt Matt nach Hause. Er ist einer von Ralfs Mitbewohnern und will mich schon mit possumhafter Kriegslust aus dem Haus vertreiben, bis ich ihm schnell klarmache, dass ich keine ausländischer Einbrecher bin.

Soweit der erste Tag in Australien (abgesehen von Sydney bei der Zwischenlandung). Neuseeland gefällt mir bis hierher besser!

 

Brisbane: Gecko und australische Bauweise
Brisbane: Gecko und australische Bauweise

 

Brisbane City Touri-Tour

Die Sonne scheint hier früher auf- und unter zu gehen, im Gegensatz zu Neuseeland. Gestern war es schon um 18:00 Uhr fast dunkel, heute früh ist es seit 6 richtig hell. Man merkt daran anscheinend die 2.000 km nähere Äquatorlage kurz vorm südlichen Wendekreis.

Die Stadt wird von mir mit dem Fahrrad erkundet. Schließlich fährt hier fast jeder im dichten Verkehr mit den Dingern auf eigenen Fahrradhighways, die genauso Verkehrsschilder und aufgemalte Vorschriften haben wie für Autos und ich muss mich ja unauffällig verhalten und anpassen. Ein Unterschied besteht allerdings, nämlich dass die Autofahrer mehr Respekt vor den Fahrrädern haben als die Radfahrer selbst vor ihresgleichen. Auf diesem Weg in der Stadt zu cruisen ist angesichts der überfüllten Straßen ziemlich bequem, vorausgesetzt man hat keinen Stein als Sattel und funktionierende Bremsen, was leider genau mein Handicap darstellt. Am Fluss lang komme ich jedoch gut voran, sehe die Skyline und viele Pflanzen wie auch Ökosysteme, z.B. Mangroven und Araukarien im Botanischen Garten und biege zum Essen und Souvenirs kaufen in die Stadt ein. Auf dem Weg spricht mich ein örtliches Aktivistenmädchen an, was mein bisher größtes „environmental issue“ sei. Mist, ist das eine Anspielung auf mein Studium? Und wenn ja, woher weiß sie davon? Wurde ich entdeckt? Ich beschließe auf naiv zu machen und künstlich nachdenkend antworte ich:

„To study environmental Science!?“ und palavere mit ihr den üblichen Small-Talk-Quatsch, da sie mich von weiteren Bemühungen die Umwelt zu schützen nun schlecht noch mehr überzeugen kann. Mit der Bitte meine Sünde hierher geflogen zu sein nicht auszuplaudern winde ich mich aus diesem Bauernfängergriff wieder ins Großstadtleben und spiele Touri: auf der Jagd nach den günstigsten Andenken. Denn Postkarten, ein Plüschkänguru für die Frau Mama und ein Akubra-Hat aus Kangaroo-Leather müssen schon sein, zusammengepackt in einem Stoffbeutel mit Australienflagge drauf! Naja, ich bin eben doch Deutsch und verhülle mich mit diesem Klischee vor neugierigen Augen in der Masse der deutschen Touristen.

Das Gebäude mit Big-Ben-Glockenturm erweist sich als Rathaus mit kostenlosem Museum und Aufstieg zum Aussichtspunkt. Roma-Street-Parklands bei Tag offenbart dann erst seine volle Pracht mit seinen Kragenechsen und Massen an Spinnen, direkt über den Köpfen, falls man den Mut aufbringt aufzuschauen. Nicht dass ich an Arachnophobie leiden würde, aber dieser Anblick ist doch etwas befremdlich und würde mich im Outback sicherlich vom weiteren Beschreiten des Weges abhalten. Weiter geht‘s noch zu South Banks, wo die Tropen in die Subtropen geholt wurden und öffentliche Pools kostenfrei direkt neben dem Fluss zu benutzen sind. Der Weg zurück gestaltet sich insofern einfacher, als dass ich nun den Radweg nutzen kann statt der Schnellstraße. ^^

 

Brisbane, oben: Rathaus und Museum von Brisbane, King George Square, Roma Street Parkland; unten: Australische Wasseragame, Luftwurzeln, Ibis

 

Australische Fauna

Heute steht die australische Fauna auf dem Programm, nachdem mit den Roma Parklands und dem Botanischen Garten gestern die floristischen Besonderheiten dieser Gegend bereits abgegrast worden sind. Was eignet sich dazu besser als ein Zoo für einheimische Tiere, wo man Wombats, Possums, Kängurus, Koalas, Schildkröten, Drachenechsen, Kakadus, Kookaburras, Krokodilen, Emus, Dingos, Tasmanischen Teufeln, Schnabeltieren und Riesenfledermäusen nicht extra hinterherjagen muss, um sie einmal gesehen zu haben. Der Weg zum Lone-Pine- Freilichtgehege ist allerdings nicht für jedermann leicht zu finden und so lese ich neben der Karte dorthin nebenbei einen Deutschen auf, Nikolas, der mir so manches von der restlichen Welt erzählt. Denn er ist schon ein Jahr unterwegs, hat dabei drei Monate in Japan gejobbt und muss jetzt bald nach Hause, da ihm sonst die Freundin aufs Dach steigt. So laufen wir zusammen nach Lone Pine, wodurch ich zwar die Greifvogelshow verpasse und zu spät realisiere, dass es auch Studentenpreise gibt, aber wir haben unseren Spaß beim Lästern über die ganzen Deutschen in Australien.

 

Brisbane Zoo, oben: Känguruh, Truthahn, Koala; unten: Wallabys, Emu, Kookaburra, Tasmanischer Teufel
Brisbane Zoo, oben: Känguruh, Truthahn, Koala; unten: Wallabys, Emu, Kookaburra, Tasmanischer Teufel

Als ich rückwärts in Toowong einkaufe, stelle ich fest, dass man sich Down Under auch günstig ernähren kann und gesund dazu. Die Zutaten für die seit der Wanderung letzte Woche lang ersehnten Bratkartoffeln (so viel zu „gesunde Ernärhung“) sind schnell gekauft und ergeben ein herrliches Abendmahl, zusammen mit hundertprozentigem Orangensaft und Trüffel-Schokomousse.

 

Brisbane: Kurilpa-Brücke und Skyline
Brisbane: Kurilpa-Brücke und Skyline

 

Zweiradfahren in Australien

Ein arbeitsfreier Samstag, was bedeutet, dass Ralf meine Aktivitäten hautnah miterleben kann. Die gemeinsame Radtour am Fluss entlang mündet in einem Smoothie-Eiscreme-Fressgelage und führt über den Kangaroo-Point und Villenviertel wieder zurück. Doch statt der Tret-Drahtesel stehen nun Fahrstunden mit Ralfs Motor-Cross-Maschine an. Da ich noch nie Motorrad gefahren bin muss ich mich dieser Herausforderung nun stellen, wenn sich schon mal die Gelegenheit ergibt. Und es läuft ganz gut, macht auch mehr und mehr Spaß, je sicherer ich werde, so dass in mir die lange vergrabene Idee den Motorrad-Schein zu machen wieder zum Vorschein kommt.

Wir wollen noch einen trinken gehen, mal schauen was in dieser Stadt des nachts so geht… Nicht viel, muss ich später feststellen. Zwar waren wir in einem German Bier House, und das Franziskaner dort schien auch ziemlich normal zu sein, auch die Underground Bar war nicht schlecht. Aber als ich hörte, dass dort angestellte Mädchen scheinbar als Animateusen arbeiten um sie mit möglichst vielen Getränkebestellungen zu beeindrucken, verging mir die Stimmung.

 

Brisbane, oben: South banks pools, Geschichtenbrücke; unten: Mangrovige Küste, Motor-Cross-Versuch in der Stadt, Hausbau beginnt mit dem Dach

 

In der Surfszene

Neuer Tag, neue Abenteuer! Motorrad war gestern, heute geht’s zum Surfen in Richtung einer vielversprechenden Stadt namens „Surfers Paradise“. Das Auto dorthin zu mieten kommt immer noch billiger als mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren – und ist weitaus schneller. Ein Brett ist problemlos ausgeliehen und dann ab in die Wellen. Schon wenige Meter im Wasser brechen sie meterhoch und es ist durch die Strömung schwer überhaupt aus dem flachen Bereich rauszukommen, statt blöde gegen die nahen Felsen zu krachen. Immer wieder muss man daher am Strand zurücklaufen und sich erneut rauskämpfen. Aber einmal von der Welle erfasst trägt sie einen fast bis zum Auto zurück! Manchmal stehe ich gut auf dem Board bis die Welle verschwindet. Andere Male haut‘s mich vornüber voll auf die Fresse und die Hartplastik wird zum gefährlichen Brett vorm Kopf. Die Eier werden durchgeschüttelt und die Haut reibt sich am Brett durch das Salzwasser, den Sand und die Sonne wund. Aber der Spaß dabei lässt sich trotz allem nicht verleugnen!

 

Surfers Paradise
Surfers Paradise

Von der südlichsten Spitze der Gold Coast und einer der östlichsten des australischen Festlandes (Tweed Heads) fahren wir über Surfers Paradise zurück, holen noch zwei Känguru-Steaks und mit Olivenölbrot, käsegefüllten Champignons, gebratenen Paprikaschoten, Melone und Orangenkonzentrat endet ein weiterer, erlebnisreicher Tag am Rande des Überlebens.

 

Östlich der Ostküste

Stradbrock Island
Stradbrock Island

Ralf bemüht sich stets genauestens für mich zu planen, z.B. wie ich heute am besten das Mietauto abgebe und danach gleich nach Stradbrock Island komme, um dort noch was von Natur und schönen Stränden zu sehen. Das Problem dabei ist die Tatsache, dass ich mich beginne zu sehr auf andere zu verlassen und meine Aufgaben und Sachen darüber vergesse als wenn ich allein reise. Dadurch sehe ich unselbstständig und hilfsbedürftig aus – was ich nicht will und für andere belastend ist. Vielleicht sollte ich nur noch allein reisen. Aber das macht weniger Spaß, weil man niemandem zum Reden hat, niemanden der einem beisteht oder mal kurz auf die Sachen aufpasst, wenn man mal am Flughaufen auf Toilette oder was nachschauen muss. In der Gruppe mit guten Freunden oder Unbekannten zu reisen oder mit dem Partner ist daher die beste Wahl, wenn man nicht allein reisen will und ist dem Urlaub mit Halb-Bekannten bei weitem vorzuziehen. Denn in diesem ungünstigen Fall entfällt die anfängliche, gegenseitige Rücksichtnahme gegenüber Fremden, aber auch die Vertrautheit gegenüber Freunden und die langjährigen, verbindenden Erlebnisse im Alltag sind noch nicht da. Das ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Feinderzeugung.

 

Der Zauber von Stradbrock Island

Auf Stradbrock Island dann nach drei Stunden Anfahrt angekommen kann man eigentlich nicht viel machen als die Steilküste bewundern, sauteure Fish’n’Chips essen und von Hammerhaien gefressen werden. Da der hochgelobte Cylinder Beach für meinen Geschmack zu voll mit Kindern ist, suche ich mir einen einsameren Strand gleich daneben namens „Dead Man’s Beach“ zum Baden in gegenläufigen Wellen (Kreuzwellen) an einem scharfen Riff aus. Die Wellen selbst sind schon ziemlich heftig. Aber als ich mal wieder durchgeschüttelt werde, merke ich etwas Festes im Wasser schweben und sehe einen ziemlich großen Fisch davon schwimmen. Diese Erfahrung veranlasst nicht dazu nicht mehr arg zu lang im kühlen Nass zu bleiben und es dem Wesen gleich zu tun, nur in die entgegengesetzte Richtung.

Wiederum drei Stunden Fahrt später schüttet sich Ralf vor Lachen und Ungläubigkeit mit dem Spruch „immer die Deutschen“ aus und erklärt mir, dass dieses Riff vor Hammerhaien nur so wimmele. Na nur gut, dass die Horde Kinder direkt nach mir am gleichen Strand badend und surfend wohl besser schmecken. Ich hab sie danach auch nicht wieder gesehen.

 

Brisbane bei Nacht
Brisbane bei Nacht

Aber ob das nun eine Dummheit war oder nicht, erklärt mir Ralf, dass er morgen zu seiner Geliebten nach Kroatien fliegt und ich daher nicht länger bleiben könne – das wurde kurzfristig vorhin entschieden. Wahnsinn hat eben viele Gesichter. Deshalb auf nach Melbourne!

 

Nicht zu vergessen: Ralf, das hier sind deine Zeilen um dir einen großgeschriebenen DANK auszusprechen für die vielfältigen Möglichkeiten, die du mir in Brisbane ermöglicht hast – sei es das Surfen, Motorradfahren, Straddy Island, das Fahrrad für die Stadt oder einfach die Gastfreundschaft!

 

Die schönste Stadt Australiens

Zwei Stunden verbringe ich nach dem Inlandflug in Melbourne mit der Suche nach meiner Autovermietung, da wir es nicht mehr geschafft haben das Voucher auszudrucken. Aber die Suche bleibt vergebens. So muss ich mit dem Shuttle in die Stadt fahren – für 18 Dollar!

Die Stadt selbst bietet tatsächlich alle möglichen und unmöglichen Architekturen gemixt. Und sie lebt, überall Musik, gerade auch jetzt und hier in South Banks, gegen 9 Uhr nachts zwischen Restaurants und Hochhäusern am Fluss. Oben vom Skydeck des Eureka-Buildings sah man eben noch die Sonne unter- und die Lichter der Stadt aufgehen und nun bin ich wieder mitten drin in der lauschigen Nacht in Australien. Die Deutschen im Hostel sind meist Partytouristen oder auf einem Selbstfindungstrip. Ich passe da irgendwie nicht so recht hinein. Die zwei Mädels mit mir im Zimmer - natürlich aus Deutschland - unterhalten sich über die Probleme mit ihren Mackern. Die Mentalität des Feierurlaubs und ständigen Gemeinschaftserlebnisses geht mir allerdings ab. Die Tage allein unterwegs sind zunächst von Neid gegenüber den Paaren geprägt, aber mit der Zeit komme ich organisatorisch besser klar und habe mehr das Gefühl von Erfüllung meiner Vorstellungen, was man mit Rücksicht auf einen Partner nicht so richtig ausleben kann.

Leider ist heute Nacht mein Portemonnaie mitsamt der Zimmerschlüsselkarte unter das Doppelstockbett gefallen. Da ich oben schlafe, bleibt mir als erstes an diesem Tag also nichts anderes übrig, als in bester Bundeswehrmanier lautlos unter das Bett zu gleiten, um die anderen im 8-Bett-Zimmer nicht aufzuwecken oder auf meine Reichtümer aufmerksam zu machen.

 

Melbourne: Flinders Street Station
Melbourne: Flinders Street Station

 

Melbourne-Erlebnis-Trip

Hier im Melbourne Museum finde ich keine offensichtlichen Deutschen. Andere Nationen interessieren sich mehr für die Kultur und Geschichte des Landes, wie schon damals im British Museum in London. Die Gärten und Parks wie Fitz-Roy sowie den Botanischen Garten mit einer laut Smartphone 90 Dezibel lauten Grille erlaufe ich noch, schon wegen des eindrucksvollen Shrine of Remembrance und entdecke nebenbei auch James Cooks Cottage, das er von England Stein für Stein mitnehmen ließ, bevor ich nach 12 Stunden Stadtbummel wieder ins Hostel zurückkehre. Aber nicht ohne einen auf 50er / 60er Jahre getrimmten Bäcker mit hervorragenden Croissants, Donuts und Brownies zu finden, noch dazu zu einem moderaten Preis. Das nächste Frühstück morgen ist gesichert. Des nachts kommen wieder mal - natürlich deutsche - Zimmergenossinnen zurück, gegen halb vier und weisen einen aufgegabelten Gigolo ins Hostelleben ein. Mehr kriege ich nicht mit, als ich mich ermattet vom Laufen auf Asphalt zur Wand drehe.

 

Randnotiz: Melbournes Innenstadt lebt, aber geschäftlich nur bis 16:00 Uhr. Danach haben meist nur noch Fressläden auf und die Menschen verlagern sich auf die umliegende Uferpromenade am Fluss.

 

Melbourne, oben: Gründerzeit, Fitzroy Gardens, Central Station, unten: Skyline, Dämmerung, South Wharf

 

Opalminen in der Stadt

Kurzfristig entscheide ich mich dann nächstmorgens doch noch mal auf Opalsuche zu gehen, außerdem muss ich noch Geld tauschen und das Frühstück bei diesem guten Bäcker von gestern besorgen. Wie von selbst stolpere ich bei diesen Angelegenheiten über des Opalmuseum, wo ich bei einer auskunftswilligen Dame mittleren Alters sogar noch einen Stein für 70 AUD erstehe. Am Hutladen weist man mich mit dem Hinweis zurück, ich solle mich noch ein paar Minuten gedulden, bis sie aufmachen. Man würde mich dann rufen. Da ich aber eh schon spät dran bin um bis 10:00 auszuchecken und das Mietauto zu holen und es schon den ganzen Morgen regnet, haste ich lieber zurück.

 

South Bank, Erinnerungsschrein
South Bank, Erinnerungsschrein

 

Wie man korrekt ein Känguru vercheckt

Das Mietauto am Flughafen abzuholen erweist sich schwieriger als gedacht. Zwar klappt der Shuttle-Dienst einwandfrei und der Fidschi-Fahrer redet auch quirlig mit mir als sei er ein Inder, aber da ich keinen Kreditrahmen über 3000 AUD auf der Kreditkarte habe und meine bereits abgeschlossene Zusatzversicherung hier nicht akzeptiert wird, zudem der Sperralgorithmus des Anbieters glaubt, dass die Karte gestohlen sei, weil zuerst dreitausend und dann 255 Dollar belastet werden sollen, zieht sich der Vorgang ziemlich in die Länge.

Endlich unterwegs Richtung Warrnambool auf der Great Ocean Road brauche ich erstmal ein bisschen, bevor ich mich in angemessene on-the-Road-Stimmung als ein richtiger Sundowner bringen kann. Das regnerische, verhangene Wetter und die Extrakosten vermiesen diese Stimmung. Erst als ich zufällig einen klassischen Sender im Radio finde und mich von menschenleerer Natur und auflockerndem Himmel umgeben sehe, steigt meine Stimmung wieder. Der Einkauf für die nächsten Tage auf der Straße ist auch im Auto und so komme ich bis zu der berühmten Felsformation der Zwölf Apostel doch noch gut voran. Die neblige Steilküste macht eben auch was her. Auf der Suche nach einem nächtlichen Stellplatz überfahre ich noch schnell ein Känguru (eigentlich ein Wallaby) und verlasse dann für die Nacht die Straße. Wäre Ralf dabei, hätten wir das tote Tier mitgenommen und überm Feuer gegrillt. So belasse ich es bei dem Wissen innerhalb einer halben Sekunde bei Nacht hinter einer Kurve keine Möglichkeit zum Ausweichen mehr gehabt zu haben. Das Auto hat nur einen Riss in der Frontschürze, aber das arme Vieh hab ich komplett mitgenommen!

 

Australiens Südküste der 12 Apostel

Die Zeit verfliegt nur so, während ich mir Lookout um Lookout und Scenic View um Scenic View reinziehe. Die Sandsteinformationen sind schon großartig, weshalb ich einmal über eine Absperrung klettere und mir dabei natürlich den Knöchel verstauche. Ansonsten passiert nicht viel. Das Wetter klart auf und ich verfahre Benzin. Nur eine joggende Frau weist mich darauf hin, dass ich beim Gehen nicht so stark aufstampfen soll, da dies die hier reichlich vorkommenden Schlangen wohl stört.

Bis Melbourne komme ich heute nicht mehr  und um die Stadt herum gibt es aber kaum gute Plätze um das Auto abzustellen und so muss ich einen Campingplatz bemühen.

 

Südküste: Road-Train, natürliche Eukalyptuswälder, Bucht von Port Phillip bei Werribee
Südküste: Road-Train, natürliche Eukalyptuswälder, Bucht von Port Phillip bei Werribee

Die letzten Dinge werden in Melbourne noch erledigt: Souvenirs auf dem Victoria-Markt, in einem richtigen Hutladen nach einem echten Akubra schauen, einen dieser Rohopale abstauben und mich darüber belehren lassen, dass die Great Ocean Road das Gebiet mit den giftigsten Schlangen war, durch das ich hätte kommen können.

Dann endlich auf nach Sydney! Die Strecke ist einigermaßen langweilig und damit wäre der restliche Tag ganz gut beschrieben, wenn ich in Bairnsdale nicht zufällig ein Schild lesen würde: „Great Alpin Road“ und kurzentschlossen nach 15 Minuten reiflicher Überlegung in Australiens einziges Festlandgebirge abbiege, statt an der Küste entlang zu fahren und in „Eden“ am Pacific Highway nach günstigen Hummern Ausschau zu halten. Wieder habe ich etwaigen Verfolgeren einen Haken geschlagen. Die Landschaft und die Straße ändern sich schlagartig von „langweilig“ in „atemberaubend“, denn ab der zweiten Hälfte der Strecke, kurz nach Omeo, endet die befestigte Straße und der Dirt Treck beginnt Staub aufzuwirbeln. Lang dauert es auch nicht, bis Känguru, Reh, Rotfuchs und Karnickel vor mir auftauchen und sich hier gute Nacht wünschen. Zu den Kurven der Alpinstrecke gesellen sich nun Steinschläge und umgestürzte Bäume. Ich beginne zu verstehen, warum im Automietvertrag ausdrücklich vermerkt ist, dass solche Routen nicht versichert sind! Aber jetzt stecke ich mittendrin und muss hier auch am Straßenrand übernachten. Zumindest kommt so gut wie kein Auto vorbei und ich spar mir die Campinggebühr. Ein Abenteuer ist diese Straße allemal!

 

In den Südalpen, Eukalyptuswald
In den Südalpen, Eukalyptuswald

Anmerkung: Es gibt hier seltsame Lichtblitze am sternenklaren Himmel – ohne Donner und für Sternschnuppen zu schnell! Wetterleuchten? Kernfusionsversuche? Oder doch nur eine Götterdämmerung?

 

Der Tag regnet sich ein. Obwohl doch der Wetterbericht für heute, den Sonntag, Sonne angesagt hatte und nur für alle anderen Tage, an denen meist die Sonne schien, Regen androhte. Schön, dass man sich auch in Australien auf die Unzuverlässigkeit des Wetterberichts verlassen kann!

 

Paddys River Falls, Alpenlandschaft?, Camper
Paddys River Falls, Alpenlandschaft?, Camper

Bald schon stirbt die Offroad-Strecke abrupt ab, gebärt phönixhaft eine Asphaltdecke und ich habe wieder wie gestern Spaß am Kurvenfahren. Leider nimmt die Strecke bis Canberra einfach kein Ende und dadurch viel Zeit in Anspruch. Auch die Zwischenstopps am Philips-Wasserfall oder einer Goldmühlenruine rauben wertvolle Minuten, lohnen sich aber.

 

In Canberra geht dann alles streng nach Plan: Bei der Infostation werden sich kostenlose Karten mit bereits eingezeichneten Sehenswürdigkeiten geholt, dann das wichtigste herausgesucht, auf eine Tour positioniert und abgearbeitet: Altes und Neues Parlamentsgebäude, letzteres zuerst von innen, da es bestimmt bald schließt, danach vorbei am (Welt-)kriegsdenkmal zum Aussichtspunkt, von wo auch der See und die komplette Umgebung zu sehen sind. Und dann ist diese Stadt für mich abgehakt. Auf nach Sydney. Ich frag mich nur, warum ich immer so spät abends in den Städten ankomme…. Nur in Melbourne gestern Morgen war ich am Tag zuvor nur zu spät, um spät anzukommen! Wie gut, dass mir niemand folgt, sonst würde er an meinen Planänderungen und spontanen Einfällen verzweifeln. Hm, bin ich nicht mal vor etwas geflüchtet? Die lange Zeit unterwegs auf der Straße lässt mich anscheinend schon des sesshafte Leben vergessen!

 

Canberra, oben: Kakadus beim Parlament, Blick vom Mount Ainslie, Übernachtung im Auto; unten: Wappentiere auf dem Parlament, Eingangshalle als Eukalyptuswald, Aboriginie-Protestbotschaft

Irgendwo in der Pampa muss ich dann doch anhalten. Weiterfahren in der Dunkelheit lohnt ja doch nicht, wenn man eigentlich was vom Land sehen will und schon eine Stunde im Finst‘ren tappt. Nur ein Gewitter am Horizont erhellt schon seit Canberra das Land. Ich hoffe, Sydney ist nicht mehr allzu weit entfernt.

Offensichtlich habe ich unter einer Hochspannungsleitung genächtigt, fällt mir so auf als ich heute Morgen einen ersten Blick in den Tag riskiere. Vielleicht lag es daran, dass ich so schlecht schlief, oder aber doch an der umgeklappten Rücksitzbank, die mir gegenüber dem umgeklappten Beifahrersitz ganz neue Möglichkeiten der Peinigung zeigte. Aber ob nun Hochspannungsleitung oder Blitz aus dem Gewitter wäre mir im Auto auch egal gewesen – nur der Leitungsmast hätte im Sturm umfallen können. Hm, ja. Ist er aber nicht.

 

Also weiter, die Blue Mountains stehen auf dem Programm. Die Anfahrt verläuft schon entspannt durch begrünte Hügelwälder. Aber komplett mit Häusern bebaut werde ich zu den Drei Schwestern nach Katoomba geleitet. Anfangs zeigen sie sich nicht so recht gewillt und zicken herum, bis sich der Nebel allmählich lichtet und sich gegen Mittag die Geschwister entschließen schön genug für eine Präsentation zu sein. Nicht nur sie selbst erstrahlen im Glanz der Herbstsonne, sondern das ganze, Regenwald bedeckte Tal unter mir begrenzt von steilen Felsklippen erstreckt sich nun bis außer Sichtweite. Den Weg hinab verfolge ich nicht weiter, zu steil und nass sind mir nach dem Regen gestern die Stufen und zu sehr schmerzt noch der Knöchel. Später erst lese ich im Reiseführer, dass dort der Eingang zu wohl herrlichen Grotten gewesen wäre. Nun ja, da bin ich schon fast in Sydney – Aber nicht ohne vorher noch die Kaskaden und den Wasserfall der Blue-Mountain-Umgebung zu bestaunen.

 

Blue Mountains

Gerade noch rechtzeitig komme ich durch den Nachmittagsstau zur Autorückgabe, humple zum Hostel und erstaune über die noch schlechteren Unterkünfte als in Melbourne. Mann, ist das ein verranztes Ding! Der Begriff „Absteige“ spottet hier jeder Untertreibung. Nicht nur, dass mich an diesem Ort niemals jemand wieder finden würde, ich muss vielmehr aufpassen mich nicht selbst darin zu verlieren. Die Toilettentüren sind im Arsch, an einigen Duschen fehlen sogar die Türen ganz und als ich ankomme steigt eine wilde Party mit Saufgelage und Lärm. Aber der Zimmerpreis war ja auch diesmal noch niedriger.

Noch ein Orientierungsmarsch durch das abendliche Städtchen erleichtert morgen dann die Auswahl der Sichtziele. Das Abendessen bei gemütlichem Kreischkonzert von Papageien hilft das Stresslevel hoch zu halten und nicht in angenehme Entspannung zu verfallen.

 

Sydney im Abendrot
Sydney im Abendrot

Ich hatte gehofft, dass mich an diesem 1. April kein dämlicher Aprilscherz überkommt, doch schon mitten in der Nacht reißt er mich aus dem Schlaf. Zwar fand ich dieses Hostel bisher auch nicht prickelnd, aber unter mir findet es einer zum Kotzen. Von dessen Würgegeräuschen wache ich auf und hoffe nur, dass er hat meine Sachen verfehlt hat. Dann frage ich mich wer es von meinen drei Zimmergenossen wohl sei, und stelle fest, dass alle ruhig in ihren Betten liegen. Wo kommt also der Fünfte her? Außer mir schien das aber niemanden der anderen drei Mitwohnenden zu stören und nach meiner flüchtigen Inspektion von oben herab versuche ich auch schnell wieder einzuschlafen und stehe morgens umso früher auf. Auf das inbegriffene Frühstück verzichte ich lieber und hoffe, dass sie mir keine Drogen zum Schmuggel in den Rucksack packen. Hier in King’s Cross gab‘s ja mal so eine Szene. Vielleicht gehört es einfach zur King’s-Cross-Erfahrung dazu mit so einem Etablissement in Berührung zu kommen. Nebenan im Park laufen jedenfalls die Anzugträger und Horden von Joggern morgens wie abends durch das Grün des Botanischen Gartens als wüssten sie von nichts. Und das glaube ich sogar. Ralf hatte mich noch vor zu billigen Hostels gewarnt und der Name „Chilliblue“ hätte mich schon abschrecken sollen. Ich mein: ich bin ja schon etwas gewohnt und übernachte in Zelten und Autos. Das mache ich aber bei weitem lieber als dort und auf dieser Matratze, wo die Federn schon vom alleinigen Draufliegen blaue Flecken verursachen. Na, das erleichtert mir wenigstens den Abschied aus dem Reiseleben und die baldige Vereinnahmung durch den Alltag. Und ich weiß, was ich an der einsamen, gefährlichen Natur so viel mehr schätze als an der Gesellschaft gewisser „Homo sapiens zivilensis“.

 

Sydney, oben: Opernhaus, Buntkunstrhinozeros, Hafenbrücke; unten: Skyline am Royalen Botanischen Garten

Nachdem nun meine letzte Speicherkarte voll ist und die Ersatzkarte nicht funktioniert, muss ich zum Fotografieren auf das Smartphone ausweichen. Hoffentlich hält der Akku durch, knapp 30 GB Speicher könnten dafür allerdings vielleicht noch bis morgen für 30.000 Bilder reichen. Anders sieht es mit dem Geld aus. Um nicht noch mal mit teuren Gebühren abzuheben, muss ich jetzt ein bisschen haushalten. Allein die Aussicht vom Sydney Tower Eye kostet schon satte 26 AUD - ohne Ermäßigung für Studenten - zum Glück allerdings, denn sonst hätte ich mich wohl schwarz geärgert, weil ab heute meine Validierung nicht mehr gilt und der Studentenausweis abgelaufen ist! Die Sonne brennt dazu wie in Brisbane, als ich über die Hafenbrücke (Harbour Bridge) laufe, die von Sicherheitspersonal gesäumt ist, welchse genauso schwitzt. Nervige Children’s-Care Leute sprechen Passanten an und als es auch mich trifft, gebe ich den Ausländer mit schlechtem Englisch und gleichzeitig den nüchternen, gleichgültigen Deutschen –lasse also ein bisschen den Psychopathen raushängen. Das hilft. Ansonsten habe ich die Stadt an einem Tag abgearbeitet und auch in puncto öffentlichen Toiletten kann es Sydney bei weitem nicht mit Melbourne aufnehmen. Mein Favorit an australischen Ostküstenmetropolen steht damit fest, auch wenn Sydneys Umgebung und die Lage der Stadt aus größerer Entfernung reizvoll erscheint und noch ein wenig der Charme aus den Gründerzeiten in den Rocks vorhanden ist.

 

Sydney: Bibliothek, Innenstadt, Hafen
Sydney: Bibliothek, Innenstadt, Hafen

Aus der Nähe betrachtet erschüttert mich diese Stadt aber in allen Ebenen: Heute Nacht ging es unter mir an die Wäsche bis das Bett wackelt. Allerdings nicht mir. Meine Zimmergenossen haben sich was Weibliches zum Naschen mitgebracht und spielen damit die halbe Nacht. Gegen 1:00 brachten sie ihre Aufrisse mit und vögelten lustig im Doppelstockbett die Nacht durch. Schlafen hatte sich dabei erübrigt, wenn man eines der Doppelstockbetten belegt und dadurch wie bei Sturmseegang durchgeschüttelt wird. Kann man nur hoffen, dass die Segel nicht gestrichen werden mussten oder der Mast brach! Tagsüber lasse ich mich hier besser nicht blicken. Das Klientel der anderen Zimmer ist aber nicht besser.

In der Stadt kann man sich nicht aufhalten, weil einem die Gleichgültigkeit und Arroganz der Menschen die Atemluft raubt und gleichzeitig Menschenrechtsclowns und Straßenhilfsorganisationsökos an jeder zweiten Straßenecke lauern um das andere Extrem zu vertreten. Beim nächsten, der mich fragt, ob ich ein Herz für Kinder habe, nehme ich mir vor zu antworten: „Hören Sie, ich bin Umweltwissenschaftler und aus diesem Gesichtspunkt heraus kann ich das Überleben der Menschheit nicht gutheißen. Damit will ich sagen: Eure Kinder gehen mir am Arsch vorbei!“, mache es dann aber doch nicht und belasse es bei einem lapidaren „No.“

 

Sydney: ein Eindruck der Stadt
Sydney: ein Eindruck der Stadt

Anmerkung:

Australiens Öffentlichkeit scheint mir sowieso ziemlich heuchlerisch zu sein – oder sie hat einfach noch eine Menge Arbeit vor sich, wenn es um Umweltbewusstsein geht. Einerseits haben sie überall Schilder, die auf die Wassereffizienz hinweisen (Regenwasserspülung bei Toiletten oder gar keine Spülung), den Energieverbrauch von Gerätschaften (Navi, Handtrockner, Waschmaschinen, usw.) und sogar Radiodurchsagen um die Menschen aufzufordern eine Stunde lang das Licht an einem bestimmten Tag auszuschalten um damit (so der Vergleich) das Great Barrier Reef zu schützen. Außerdem mischen sich ihre Agenten des Umweltaktivismus in den Fußgängerzonen unters Volk. Andererseits werfen sie mit Plastiktüten im Supermarkt und sonstigen Läden nur so um sich und lieben verbilligte Inlandsflüge Domestic Flights In all diesen Punkten erinnerte es mich stark an Deutschland und den Rest Europas.

 

Sydney, oben: vom Sydney Tower Eye; unten: Pyrmont-Brücke
Sydney, oben: vom Sydney Tower Eye; unten: Pyrmont-Brücke

Die City Hall hat auch wieder geschlossen. Nachdem sie gestern wegen einer internationalen Zusammenkunft unbetretbar war, ist sie es heute aufgrund einer Probe. So setze ich mich provokativ auf die teuren Handleitsteine davor, in der Hoffnung jemand würde versuchen mich zu vertreiben oder nach meinem Namen fragen, um ihn sich zu notieren, wie es in Deutschland üblich wäre, nur um ihm entgegenzuschleudern: „My name? Suck M. Icock.“ Aber auch dieses Vergnügen bleibt mir verwehrt. Selbst das Taubenkicken im Park macht keinen Spaß mehr und so schlendere ich aggro zurück zum Hostel um mein Gepäck abzuholen und endlich hier fort zu kommen. Der Rest ist Routine: dieses Mal trifft es am Flughafen die Zahnpasta, die ich vorschriftsmäßig auf dem Tablett für die Handgepäckröntgenanlage platziert hatte und die deswegen (durch Überschreitung der zulässigen Höchstmenge über 100 ml um 25 ml) in den Weiten australischer Mülldeponien verschwindet – also im Outback. Wenigstens ist das Essen auf dem Flug wie immer gut: Hühnchen- mit Obstsalat und Mousse au Chocolat.

 

Sydney: Panorama
Sydney: Panorama

 

In Dubai begegne ich auf dem Zwischenstopp noch ein paar armen Schweinen, die mit der Lufthansa gebucht hatten und durch die Streiks nun umgebucht wurden. Ansonsten fliegt alles wie geplant zurück in die Heimat. Man merkt außerdem einen gewissen Kulturunterschied zwischen in Arabien: Auf den Toiletten und den Straßen Dubais wird Schleim und Rotz gezogen als würde man gerade sämtliche Gedärme auskotzen und wieder einatmen.

Am Ende check ich auf dem Rückflug doch noch meine E-Mails, werde also überführt und von der Arbeit eingeholt. Es war eben naiv anzunehmen entkommen zu können.Für die Zeit des Urlaubstrips allerdings war das eine sinnvolle Annahme, um abzuschalten. Denn aus dieser Zeit werden dann die reinen Erlebnisse im Gedächtnis bleiben, statt einer bloßen Zeitverzögerung der (Master-)Arbeit.

Warum aber war es sinnvoll die Reise vor der Masterarbeit zu unternehmen und nicht danach? Zum einen konnte ich meine Englischkenntnisse verbessern, da ich für die Abschlussarbeit mit internationalen Wissenschaftlern und Doktoranden kommunizieren muss, während ich in Nordostsibirien im Feldaufenthalt sein werde. Zum anderen gewöhne ich mich an das Unterwegssein und die Konzentration und Problemlösung mit primitiven Mitteln und Termindruck durch Bahn, Zusammentreffen, Check-In, usw. Außerdem entspanne ich noch einmal zwischen Semesterstress und Abschlussarbeit, die im Studium mit Abstand am meisten für die Abschlussnote zählt und kann davon während der Masterarbeit zehren. Schließlich hat die Reise das nötige Selbstvertrauen beschert, dass ich aus dem Umgang mit diversen Verkäufern, Vermietern, Rezeptionisten und Touristen gewann, um meine Reiseziele zu behaupten und durchzusetzen, so dass ich auch in der Masterarbeit gegenüber anderen Meinungen des Betreuers, der Doktoranden, Techniker und Mitstudenten meine eigene Auffassung klar vertreten und Termine organisieren kann.

 

Heimflug über Dubai und die Alpen
Heimflug über Dubai und die Alpen

 

Australien: Eine Zusammenfassung der Generation „Doku“

Die Menschen wollen heute mehr denn je die Welt entdecken, obwohl geographisch schon alles bekannt ist, auch dank GoogleEarth, bing und Co. Wahrscheinlich trifft das für jede Generation irgendwie zu. Aber keine bekam vorher jemals so viel Input durch Medienberichte, Aussteiger, Überlebenskünstler und Lifestyleentwicklung wie wir. Noch dazu, da man stets gesamt bekommt, wie wichtig die Freiheit ist und wie toll die Möglichkeit zu Reisen. Extremsportler und Videos auf YouTube machen es vor: sie lassen die Welt als ein Dorf erscheinen und das Risiko von Abenteuern wie ein tägliches Bedürfnis. Natürlich weckt das neben Gruselmomenten, in denen jemand auf einem Seil über einen hunderte Meter tiefen Abgrund tänzelt und mit dem Wingsuite an messerscharfen Felsklippen vorbei rast auch Wünsche, diese Natur im Hintergrund mal mit eigenen Augen zu sehen, die Stimmungen nachzuempfinden und mit solchen koketten Menschen, die dort gezeigt werden, etwas zu unternehmen. Das Erlebnis ersetzt jeglichen anderen Reisezweck und wird so zum Souvenir, das man beim Veranstalter bucht und in Form von Geschichten und Videos mitbringt, um es seinen Freunden zu zeigen – so gesehen und geschehen auch auf dieser Reise.

 

Mir erschien Australien als eine Vermischung europäischer mit amerikanischen Werten. Das Land wird nicht nur dadurch europäisch, dass die Sprache sehr britisch klingt und dass links gefahren wird. Auch die strikten Regeln,die Bürokratie  und gleichzeitig die laxeren Moralvorstellungen erinnern daran, dass dieses Land erst ab dem 19. Jhdt. von europäischen Auswanderern besiedelt wurde, mehrheitlich von Aussteigern und Neuanfängern und natürlich von Häftlingen.

Der Wunsch nach Freiheit, Unabhängigkeit und Identität steht dagegen dem amerikanischen Ideal nahe, nicht zuletzt durch die Weite des Landes und die Cowboy-Mentalität sowie der goldsuchenden Glücksritter und Entdecker dieses ebenso „neuen“ Kontinents und deren zwangsläufigen Konflikten mit dessen Ureinwohnern. Ein Ire, der neben mir im Flugzeug sitzt und nach Australien ausgewandert ist, erzählt, dass in Australien die Jagd nach Statussymbolen wie einem großen Wagen, eigenem Haus, Elektronik usw. noch nicht so ausgeprägt sei wie z.B. in Neuseeland oder auch in Europa, Amerika und vermutlich auch in China und  im Rest von Asien generell. Doch ich sehe in Australien keinen Unterschied. Neben der Mentalität in den größeren Städten durch die Arbeit wichtig zu werden und Anerkennung zu bekommen, sehe ich in den kleineren Städten und Vororten die gleichen Häuser amerikanischer Bauweise, oft mit europäischem Einschlag (viktorianisch, Fachwerk, Bäderstil, Schindeldächer, usw.) und fast nur neue Autos herumfahren. Tatsächlich habe ich mich auf der Reise selbst oft auch nur unterbewusst gefragt, worin der Sinn darin liegt und was man in der Zukunft noch für Ziele zu erreichen hat, wenn man nichts weiter als noch mehr zu sehen, erleben, bereisen und zu kaufen bekommt. Für mich ist all das nur eine Aneinanderreihung von Erlebnissen, ohne Bezug zum eigenen Leben, wenn man für ein Erlebnis oder sogar ein Abenteuer bezahlt und angeleitet wird, ja sogar gedrängt ist Spaß zu haben und zum Lachen genötigt wird. In Schwellenländern wie den VAE am Besipiel von Dubai kann ich verstehen, dass die Menschen (vor allem die Horden von Gastarbeitern) diesen Standards nachjagen. So tun es auch die jungen Europäer, die versuchen in Australien eine neue Art zu leben und Freiheit zu finden, wie die Urhippies einst in Indien. Selbst merke ich aber, wie es mich beginnt zu langweilen so zu leben. Vielleicht denke ich aber mittlerweile etwas alternativ und möchte nur nicht zum Mainstream gehören, wozu eine Reise nach Australien heutzutage wohl schon zählt. Natürlich wäre es leicht mich damit herauszureden Ralf besucht zu haben und die Welt sehen zu wollen. Auch verleugne ich nicht in Neuseeland wahrlich eine Perle der Landschaftsbilder gefunden zu haben, wie schon allzu viele vor mir. Aber letztlich zählt eben genau der Mainstream in einer Demokratie und man muss sich fragen, wie man diesen Hauptstrom beeinflussen und nutzen kann, um seine Verbesserungsideale durchzusetzen.

Andererseits stammte ich zum Glück nicht aus Kuba oder einem der anderen verbotenen Staaten (Syrien, Iran, Sudan oder Nordkorea) dieses in den Augen vieler Religionen göttlichen Planeten. Denn sonst hätte mir die Einreise in den arabischen Wüstenstaat und vor allem die Suche nach einer Unterkunft schon erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Aber über so etwas wundert man sich wohl nur, wenn man aus einem der moralisch „unverwerflichen“ Industrienationen kommt. Im restlichen Teil dieser Welt herrscht eben Krieg und da sind Menschen nur solange würdevoll und ehrenhaft wie sie der richtigen Nationalität angehören – unabhängig von ihrer wahren Persönlichkeit. Ganz nebenbei steht man in den fremden Längern als ein Mensch unter den ähnlichen Menschen, und ist doch anders. Ja, man fotografiert sie noch dabei wie Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum und dokumentiert alles haarklein mit Fotos, Videos und Reisetagebuch und behält einige Verbindungen (oft zum Schein) später auf Facebook. Das macht einen dann zu einem Teil dieser Generation „Doku“ und bereitet den Weg für weitere Nachfolger, indem sich die Einwohner mit neuen Ho(s)tels, Läden, Transportmittelverleih, Flugverbindungen und Infrastruktur darauf einstellen und natürlich auch für dieses Gewerbe werben, so dass noch mehr Touristen angelockt werden.

Manchmal dachte ich, dass es schöner wäre ins Blaue zu fahren und zu sehen, was kommt, statt alles vorher penibel zu planen, was nachher sowieso nicht genauso klappt. Aber eine Reise hat verdammt viel mit Planung zu tun. Allein schon zu wissen, was man planen kann und was man nicht planen kann, ist der halbe Erfolg.

Das Einmalige bleibt für jeden einmalig in seinem Erleben. Aber es wird dennoch als Massenware vermarktet. Selbst der beinahe sicherer Tod und die Möglichkeit zu überleben erfährt eine Hochkonjunktur in Form von Extremsport in Nordamerika, Europa und Australien und Survivalreisen in Afrika, Asien und Südamerika – neuerdings auch in der Antarktis. Und wir wundern uns über Entführungen und tote Urlauber in Krisenregionen? Wo sich Tourismus mit Terrorismus mischt, wenn Krise mit Kreditreise verwischt und Kreuzfahrt mit Krieg verschwimmt und die einen aus Übermut, die andern aus Armut beginnen extrem zu handeln, da muss es unweigerlich Verluste geben. Zumindest aber Konflikte.