Das Land der zwei Gelegenheiten

- Ursprungssuche der indogermanischen Wurzeln

 

Teil II: Heiliges und unheilvolles Indien

(Fortsetzung von Teil I: "Herrschaftliches Radschastan: Auf Einladung des Maharadschas")

 

Nordindien in Bildern
Nordindien in Bildern

14. Tag – Breit in Varanasi / Benares / Kahsi

… die heiligsten Stadt des Landes. Hier verbrennen die Hindus ihre Toten, weil sie an diesem Ort die besten Chancen auf eine gute Wiedergeburt haben sollen. Schon Buddha lehrte hier und wurde angeblich auch hier verbrannt. Möglicherweise glaubt das Schicksal oder irgendeine andere Obrigkeit wir haben noch nicht genug religiöse Erfahrungen gemacht. Jedenfalls bekommen wir neue Mitreisende.

Neue Gruppe – neues Glück? Nun ja, drei ältere Damen stehen mit uns in der Endrunde. Eine davon brüstet sich damit ihren Geliebten in L. A. zu dem Spruch veranlasst zu haben: „Du hättest mir nicht sagen sollen, dass du schon 59 bist. Damit bist du die älteste Frau, mit der ich je geschlafen habe!“ Sie fliegt jedes Jahr nach Goa, aber nur zum Strandurlaub, eben eine verpasste Althippie, dieses blonde Goa-Girl. Die andere ist ihre Freundin, brünett, aufgetakelt bis zur Rah und ähnlich alt – ich nenne Sie Make-up-Brünhilde. Die dritte ist ein Rotfuchs aus Luxemburg und nur geringfügig jünger. Sie kann ich nicht einschätzen, deswegen ist ihr Deckname fortan Luxi.

Die Straßen von Varanasi sind noch voller als in den anderen indischen Städten unserer Reise und sogar noch überfüllter als in Delhi. Man wünscht sich Hupen, die maximal 1x pro Minute funktionieren und selbst die Rikschafahrer tragen ihren Teil zur indischen Straßensymphonie bei.

Varanasi: Straßenleben, Abendzeremonievorbereitungen, Leichenfeuer
Varanasi: Straßenleben, Abendzeremonievorbereitungen, Leichenfeuer

Ja, die allabendlich stattfindende Hinduzeremonie in Varanasi ist beeindruckend, vor allem wenn man sie vom Boot auf dem Ganges aus verfolgt, eingeschlossen von hunderten, weiteren Booten drum herum. Dabei muss ich mir bewusst machen, dass pro Leichenfeuer 200 kg Holz verbrannt werden, was die schlechte Luft und die Ascheablagerungen überall und besonders deutlich sichtbar auf den Pflanzen erklärt. Nur Aufseher dürfen allerdings die Leiche im Fluss waschen und anschließend auf den Ghats verbrennen. Im Fluss selbst schwimmen keine Leichen, wie man manchmal hört und auch Müll ist kaum zu sehen oder Gestank wahrzunehmen. Angehörige oder Pilger steigen nur für rituelle Waschungen in den Ganges, leiden später jedoch häufig unter Ausschlägen aufgrund der Schadstoffe im Fluss. Musik und Weihrauch erfüllen die Luft und Lichter treiben eingebettet in Blumenkränzchen auf dem Wasser. Es ist wie ein Autokino, nur mit Booten und rituellen Gesängen und brennenden Lichtern. Berauscht sind wir zwar davon nicht, aber wie breit gefahren von der Menschenmasse und durch die stärker werdende Erkältung am Ende doch.

Varanasi: Ganges und beleuchtete Ghats (zur Totenverbrennung)
Varanasi: Ganges und beleuchtete Ghats (zur Totenverbrennung)

 

15. Tag – Die Hauptredestellen Buddhas

Neben Varanasi existiert in der Nähe noch andere Predigtorte des religiösen Lehrmeisters, die heute oft von einem Bodhi-Baumableger begleitet sind, der ein Spross jenes Baumes sein soll, unter dem Siddharta Gautama einst nach drei Tagen und Nächten des Meditierens die Erleuchtung erlangt habe und zum Buddha (dem Erleuchteten) geworden sei. In Sarnath steht solch ein Baum, eingezäunt von heiligen Mauern und umgeben von Erklärtafeln in allen möglichen asiatischen Sprachen und in Englisch. Weitere Buddhatempel und Statuen finden sich in der Nähe, die sogar vom Nachbarn Thailand gestiftet wurden.

 

 

Gedanke zur Spiritualität:

 

Die seelische Entleerung, die Ablehnung von Autorität, das Loslassen, die Befreiung des Geistes vom Körper und irgendwie auch von allem anderen werden im Buddhismus gelehrt und es heißt, wer das nicht lernt, kann keine Erleuchtung finden und wird ewig wiedergeboren. Doch ist es wirklich erstrebenswert aller weltlichen Bindung zu entsagen, asketisch allein zu leben und möglichst keine Gefühle mehr zu zulassen, um ewig zufrieden dahin zu meditieren? Wer Psychopath ist, soll diesen Weg einschlagen, denn er entfernt das Individuum von der Gemeinschaft und das ist mit einer solchen Gemütsstörung durchaus für beide Seiten vorteilhaft. Vielleicht werden die Betroffenen auf diese Weise wirklich von ihrem „Seelenleiden“ erlöst, was die Seelenmedizin ganz treffend auf Griechisch als „Psychopathie“ bezeichnet. Doch alle anderen sollten diese Art der Erkenntnis nicht finden wollen. Auch in Indien schlagen daher nur wenige Menschen diesen Weg ein und entfremden sich von der Welt, um sich in sich selbst zu finden. Die Unabhängigkeit von der Welt im Diesseits zu suchen kann für ein Lebewesen nicht Sinn des Lebens sein, auch nicht für noch so zivilisierte Menschen. Das stört mich letztlich an den ostasiatischen Religionen und dem Glauben an Erlösung von der Wiedergeburt.

 

Sicher: ab und zu zu sich selbst zu finden hilft und Reinigungen der Seele oder auch Neusortierungen der seelischen Inneneinrichtung müssen manchmal sein, wenn man vor Lebensschmutz sich selbst nicht mehr erkennt. Aber man darf den Putzfimmel auch nicht übertreiben oder sein mentales Mobiliar komplett entleeren. Sonst wird man anfällig für alle möglichen, krankhaften Einflüsse oder fühlt sich nutzlos, überflüssig – leer. Und da setzt ein anderer Ansatz des Buddhismus an: den goldenen Mittelweg zu beschreiten. Denn im Gegensatz zu Asketen hatte Buddha diesen Pfad der goldenen Mitte eigentlich für alle Menschen vorgesehen. Und das ist dann auch wieder mit den westlichen Werten und mit meiner unterbewussten Vorstellung von Moral zu vereinbaren.

 

 

Doch wir haben neben unserem Seelenheil auch noch andere profane Probleme, denn die Erkältung würgt uns nun immer stärker in ihrem Griff. Dabei merkt man wohl, dass die Menschen neben den seelsorgerischen Bedürfnissen auch weltliche Sorgen haben, die es ihnen nicht erlauben, sich um ein mögliches Leben nach dem Tod oder die Wiedergeburt zu kümmern, sondern die erst einmal das aktuelle Überleben regeln müssen. Die Hotels in Varanasi stellen dafür auch nicht gerade die perfekte Umgebung dar, denn der Schimmel im Bad, die allgemein schlechte Hygiene und dünnen Wände, durch die ich anderer Menschen Erbrechen höre drücken die Stimmung noch weiter herunter.

Sarnath: Das Leben des Buddha
Sarnath: Das Leben des Buddha

Ansonsten gibt es auch neue Randgruppen der Gesellschaft, die bei uns eigentlich gar nicht weiter beachtet wurden und erst seit kurzer Zeit überhaupt Aufmerksamkeit bekommen: Zwitter, Hermaphroditen, Intersexuelle, Transgender und andere Menschen mit Geschlechtsidentifikationsproblemen. In Indien heißen sie z. B. Hidsch(a)ra oder Aravani und umfassen manchmal wohl auch Homosexuelle, da die Akzeptanz dieser Orientierungen in Indien nicht immer akzeptiert werden. Allerdings scheinen diese Menschen hier auch viel Macht zu besitzen, da sie die Menschen verfluchen können, wenn man ihnen nicht das gibt, was sie wollen. So gehen sie bei der Geburt von Kindern zu den Eltern und lassen sich dafür bezahlen diese zu segnen beziehungsweise niemanden zu verfluchen. Etwa 50.000 Rupien bringt das wohl ein. Bei der Masse an betrügerischen Scheinmönchen, frage ich mich, warum sich nicht viel mehr Menschen als Zwitter ausgeben. Und was man mit diesem Aberglauben allein in der Politik alles bewirken könnte… Doch selbst Homosexuelle werden nach einem Gesetz, das 2013 bekräftigt wurde, kriminalisiert.

Sarnath: Rauch- und Staubablagerungen, ein gefangener Bodhibaum. Masala-Chai-Zubereitung, Buddha-Statue
Sarnath: Rauch- und Staubablagerungen, ein gefangener Bodhibaum. Masala-Chai-Zubereitung, Buddha-Statue

 

16. Tag – Sechxs-Tempel von Kadschuraho

Viele Ideen aus Indien bzw. aus dem Hinduismus wurden in den Westen übertragen, z. B. Ayurveda („Lebenswissen“), Vegetarismus, Frutarismus (bei den Jains), Tantra und Kamasutra („Liebeskunst“), Yoga, Meditation, gewaltfreies Leben, Gedanken von Widergeburt, Karma (Gewissen), Nirwana (Jenseits), drei Götter / Dreifaltigkeit (Brahma = Vater, Vishnu samt Inkarnationen = Jesus, Shiva / Atma = Teufel / Heiliger Geist), freie Liebe und … Masala Chai. Denn die drei älteren Frauen sind auf der ständigen Suche nach diesem Zimt-Ingwer-Schwarztee-Gesöff mit Milch (also schlimmer als bei’n Briten) und wenn sich dazu noch Samosa gesellen (also Teigtaschen, die es im Grunde in überall auf der Welt gibt, z. B. als Piroggen, Maultaschen, Empanadas, Ravioli oder Wan Tan), welche oft genug in Flusswasser gekocht ein äußerst delikates Potential zur Magenvergiftung bieten, wird jede Stunde eine solche Pause eingelegt. Bei dieser ganzen Esoterik wundert mich nur, dass gerade die Homöopathie in Deutschland erfunden wurde. Aber wahrscheinlich ist dieses Heilprinzip dermaßen abgedreht, dass nicht einmal Inder auf so etwas Abgefahrenes kommen!

Kadschuraho: Tempelanlage aus dem 13. Jhdt.

In Indien legt man eher Wert auf die Realität und bildet sie auch in allen erdenklichen Posen ab. Die Tempelanlagen von Kadschuraho sind deshalb auch nicht unbedingt bloß für ihre architektonische Pracht und die intakten Mauern berühmt, sondern vielmehr für die nackten Tatsachen, also die Darstellung von umständlichen Sexhaltungen (u. a. Sodomie und Nekrophilie), der Gewalt (z. B. die Hinrichtung von Menschen durch das Zertreten des Kopfes mittels eines Elefanten), dem Witz (weil der Elefant während der Hinrichtung verstört auf die Kopulationen daneben schaut oder Auffahrunfälle im 13. Jahrhundert gezeigt werden) und die Unvorhersehbarkeit des Lebens. Praktisch ein Game of Thrones auf Indisch und in Cartoonform. Wenn so das tatsächlich die indische Geschichte wiedergibt, dann verstehe ich langsam die Mittelalterromantik!

Kadschuraho: Luftwurzelbaum, Abendliche Tempelanlage, Jain-Zeremonie
Kadschuraho: Luftwurzelbaum, Abendliche Tempelanlage, Jain-Zeremonie

Die Jain-Tempel nebenan sehen zwar genauso aus, doch wer glaubt, die hätten ebenso viel Spaß wie die Hindus, der irrt doch einigermaßen. Denn wie bereits erwähnt leben die Jain streng gewaltlos, geben auch nicht so viel auf die Fortpflanzung und machen vermutlich auch nicht so viele Scherze, zumindest wenn es um das Leben von Tieren geht. Allerdings besitzt diese Religion durch die enormen Spenden der Anhänger genug Geld um sich dieses extravagante Leben der Gewaltlosigkeit und des teilweisen Frutarismus leisten zu können – wenngleich wohl auch der eine oder andere Betrug bei den Immobiliengeschäften mithelfen soll, damit das Geschäft besser brummt. Sie sind praktisch die verklemmte Hippiemafia, wenn es ein solches Oxymoron denn gibt.

Doch „Mafia“ trifft es ganz gut, wenn es um die hiesigen Straßenhändler geht, denn die sind so gut organisiert, dass ich mir mit beiden Armen den Weg freihalten muss um überhaupt voran zu kommen, ohne ihnen etwas abzukaufen. Dabei würde ich vielleicht wirklich ein Andenken kaufen, z. B. eine dieser Klangschalen, von denen ich nicht genau weiß, warum sie klingen wenn man an ihnen reibt. Aber allein durch ihre Aufdringlichkeit entwickelt sich in mir eine Protesthaltung, die es mir verbietet nachzugeben. Und ich denke, in nicht allzu naher Zukunft werde ich damit Recht behalten.

Unterwegs auf dem indischen Land: Dorf, Fluss, Natur
Unterwegs auf dem indischen Land: Dorf, Fluss, Natur

 

17. Tag – Verlassener Affenpalast in Orchha

200 km Baustelle mit dem Bus – es wird zwar viel Straße in Indien gebaut, aber immer nur abschnittsweise.

Dafür werden wir in Orchha am deutlichsten von Indern angestarrt. Offensichtlich kommen hier nicht so viele Ausländer her, und das obwohl es hier Paläste aus dem 16. und 17. Jhdt. inmitten des Dschungels gibt und in einem von ihnen der Mogul nur eine einzige Nacht verbrachte.

Orchha: Farbenpulver, Ghat und Waschung, Religiöse Pilger oder Gurus
Orchha: Farbenpulver, Ghat und Waschung, Religiöse Pilger oder Gurus

Das letzte Hotel wies wiederum sehr zuvorkommendes Personal auf, das uns selbst am Buffet „zuvor kam“ und uns alles servierte; von der ganzen Reise bietet dieses Hotel sogar ein Himmelbett. Es ist eine indische Hacienda – wie ich ein besonders schönes und großes Haveli nennen würde. Hier fühlten wir uns wieder wie Gäste erster Klasse des Maharadschas.

Orchha: Ehemaliger Palast als Hotel
Orchha: Ehemaliger Palast als Hotel

Allerdings holt uns selbst hier in Indien die europäische Denkweise wieder ein. Luxi, wie ich die luxemburgische Bankdirektorin auf dieser Reise nenne, belehrt uns beispielsweise darüber, dass die Thunbergs Milliardäre seien, der Vater würde mit CO2-Zertifikaten handeln und die Tochter in der Welt herumschicken um Werbung für den Konzern zu machen. Abgesehen davon, dass ich davon noch nie gehört habe, behauptet sie, dass noch dazu die ganze Welt nichts davon weiß – da frag ich mich nur: woher weiß sie das so genau? Gut, mag sein, dass Gretas Vater bei ihr ein Bankkonto besitzt. Parallel dazu meint das Goa-Girl, dass die heutige Jugend ja kein Umweltbewusstsein mehr hätte, so wie sie und ihresgleichen noch seinerzeit – "Fridays for Future" ist in der älteren Generation doch noch nicht angekommen oder Goa-Girl (welche ihren Müll überall liegen lässt) denkt, sie sei als Alt-Hippie immer noch „besser“ als die „Klimajugend“. Aber klar, wenn es jeden Tag einen anderen Inder gibt, der sich zum Reiseleiter aufschwingt, findet das gemeine Volk eben keinen Halt und muss sich in Verschwörung und im Hass verlieren. Schade nur, dass selbst die Führungspersönlichkeiten wie Bankdirektoren mittlerweile auch zum gemeinen Volk gehören – oder sich diesem zumindest anbiedern, obwohl Luxi finanziell in anderen Universen leben dürfte.

Orchha: Radscha Mahal
Orchha: Radscha Mahal
Orchha: Radscha Mahal mit Umgebung und Betwa-Fluss
Orchha: Radscha Mahal mit Umgebung und Betwa-Fluss

 

18. Tag – Ein Zug nach Agra

„Bahnfahren in Indien“ – das allein klingt schon wie ein Arthouse-Filmtitel. Tatsächlich sind die Schlafwaggons wirklich praktisch ausgestattet: mit Spiegel, Klimaanlage, umklappbaren Schlafbänken die auch für große Menschen Platz bieten, Biotoiletten (also einem Loch im Boden) und insgesamt sogar etwas luxuriöser als in Russland, allerdings eben nicht sonderlich reinlich.

Orchha: Bahnhof, Waggons (keine Viehwaggons!), Waggon von innen
Orchha: Bahnhof, Waggons (keine Viehwaggons!), Waggon von innen

Was uns direkt zum nächsten Punkt bringt: Warum muss man jeden Tag „Samosa“ fressen, als ob es nichts anderes gäbe – oder es ist um uns zu ärgern! Selbst nach der Zugfahrt im altbekannte Agra angekommen erklärt Goa-Girl als unsere selbst ernannte Führerin gleich wieder dem nächsten Reiseleiter, dass wir unbedingt an Straßenständen essen und mehrere Chai-„Tee“-Pausen pro Tag einlegen müssten. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass Sanjay von dieserlei Nahrungsaufnahme nicht viel hält. Denn wir haben unseren altbekannten Maharadschastellvertreter wieder, und der schaut mit seinen 33 Hindujahren nur gelassen auf die spätpubertären Frührentnerinnen aus dem Westen. Und der hat seine eigene Taktik. Auf die Wünsche nach Samosapausen geht er schon einmal gar nicht weiter ein. Als Antwort erwidert Sanjay nur, das Essen würde mit Flusswasser und teils mit Toilettenwasser gekocht, weil das kostenlos ist. Noch interessiert das die drei Weiber zwar nicht - nur Luxi schaut verstört - aber ihre Fresspausen kriegen sie trotzdem nicht. Also haben wir nun einen mächtigen Verbündeten und wie zum Beweis fahren wir über den Fluss Yamuna, wo gerade Stofffälscher dabei sind Billigklamotten für Touristen im Fluss zu färben. Passenderweise steht auch ein Besuch in einem Strickladen mit Gästebucheinträgen von Kaiser Wilhelm dem II., Königin Elisabeth von England oder dem belgischen Königspaar auf dem Programm. Da wird mir klar: Indien ist vielleicht der letzte Ort, an dem es fast jedem egal ist, was man mit seinem Leben macht.

Auf der anderen Uferseite ergibt sich auch ein neues Bild auf das Tadsch Mahal. Von hier schaut man erst einmal über die Ruinen, die wohl das zweite, das schwarze Tadsch Mahal bilden sollten. Erst im Hintergrund erscheint vor dem weiten Horizont recht klein das weiße Tadsch Mahal, immer wieder von Vogelschwärmen unterbrochen und vom Sonnenuntergang abgelenkt.

Agra: Das Tadsch-Mahal von der anderen Uferseite des Yamuna mit den Grundmauern des 2. Tadsch Mahal
Agra: Das Tadsch-Mahal von der anderen Uferseite des Yamuna mit den Grundmauern des 2. Tadsch Mahal

Mit dieser Ansicht klingt der Tag aus: die beiden Vorruheständlerinnen Goa-Girl und Make-up-Brünhilde geben den bettelnden Kindern und Verstümmelten noch Geld und Nahrungsmittel und im Hotel wartet wieder der schleimige Oberkellner. In Indien verändern sich die Dinge eben nicht so schnell.

 

19. Tag – Agras Marktleben

Mit zwei verschiedenen Gruppen auf der gleichen Reise lernt man auch viel über sich selbst. So wird nun bei der zweiten Tour sehr viel mehr gedrängelt, um endlich auf den Markt zu gehen. Wir kennen dieses Verlangen ja bereits von den letzten Gruppenmitgliedern. Hier allerdings antwortet Sanjay auf seine Weise auf diesen Wunsch: Mit dem Bus fahren wir auf einer Hauptstraße entlang, bis er den Busfahrer anhalten lässt und uns zum Aussteigen auffordert. Gleich kommt ein Bettler an, dem Make-up-Brünhilde etwas Geld gibt, bevor wir durch den dichten Verkehr stolpern und Sanjay auf die Frage nach dem Shopping-Center irgendwann meint, dass es hier einen Geldautomaten und einen Optiker gäbe. Dies scheint also der Markt zu sein. Goa-Girl hat da allerdings bereits genug und lässt sich den Bus rufen. Die ersten Kinder mit Souvenirmagneten nutzen ihre Gelegenheit und rufen sich gegenseitig herbei. Make-up-Brünhilde hat schon beim letzten Straßenhändler ein halbes Dutzend Armreife gekauft und braucht anscheinend keine Magneten, weshalb sie ablehnt. Dadurch wird sie von den Jungs aber am Einsteigen gehindert und reicht daher einem von ihnen einen Muffin vom Frühstücksbuffet. Dann schiebt ich einen Jungen zur Seite um selbst wieder in den Bus einsteigen zu können, ohne etwas kaufen zu müssen. Die Bengel lassen aber nicht locker und hinderen Sanjay daran die Tür hinter sich zu schließen. Also nimmt dieser die Magnete, schließt endlich die Tür und reicht sie durch das geöffnete Fenster den Jungs wieder heraus. Dann fährt der Bus ab. Keine zehn Meter später sehe ich noch einen Muffin am Fenster vorbei fliegen und kann mich nicht mehr halten vor Lachen. So danken manche Inder die „gnädigen“ Spenden der hochnäsigen Touristen. Manchmal glaube ich, Almosen werden nur noch gegeben um sich selbst besser darzustellen, im Sinne von: „Freut euch an meinem Müll. Das ist gerade noch gut genug für euch!“ Von Müll hat Indien aber selbst genug.

Agra: Tuchfärber, Intarsien, Affenfamilie im Hotel
Agra: Tuchfärber, Intarsien, Affenfamilie im Hotel

Gespräch beim Mittagessen:

- Goa-Girl: „Ich sitze lieber in einem Straßencafé als in diesem dreckigen 3-Sterne-Restaurant.“ (Anmerkung der Redaktion: Es scheint hier wie sauber geleckt!)

- Luxi: „Genau, die sind so dreckig wie in Varanasi.“

- Ich: „Das denke ich nicht. Wir sitzen lieber hier als auf der Straße. Außerdem ist uns das Essen dort zu scharf.“

- Luxi: „Stimmt. Die Samosa waren aber auch scharf.“

- Make-up-Brünhilde: „Ich esse hier nichts. Ich vertrage die Teigwaren nicht. Dann lieber gut gewürztes Essen.“ (A. d. R.: Aber im Hotel stopft sie alles in sich rein? Und isst auf der Straße Samosa, also Teigtaschen?!)

- Luxi: „Ja, ich bin auch nicht so für lasche Speisen.“

- Goa-Girl: „Immer noch besser als der überteuerte Touristen-Fraß. Und die Samosa bei den Händlern sind so lecker!“

- Luxi: „Oh ja, und so günstig.“

Manchmal glaube ich, man hat uns zur Unterhaltung drei Schauspielerinnen in die Gruppe gesteckt - als tägliches Schmierentheater (engl.: Daily Soap). Ist das die Realität oder schon Kunst? Aber selbst die Affen vor dem Hotelfenster liefern eine bessere Vorführung des alltäglichen Lebens um das bessere Leben einer Sitcom, die größte Liebelei und das tägliche Drama.

Würde ich aufgrund dieser Erfahrung noch einmal eine Gruppenreise mitmachen? Wahrscheinlich nicht. Auf jeden Fall hängt es sehr stark davon ab, wie die Gruppe zusammengesetzt ist. Hier erinnern mich einige Gruppenmitglieder an genervte Kleinkinder, die ihre Langeweile zum Ausdruck bringen oder sich hervortun müssen. Sicher stimmt nicht immer alles, was ein Reiseleiter erzählt und gerade in Indien sind die einheimischen Reiseleiter auch stark von der Religion und den langen Traditionen beeinflusst. Wenn es allerdings um praktische Hinweise oder den Reiseablauf geht, kann ich mich auch einfach mal auf die Erfahrung eines Reiseleiters verlassen. Wenn einem das Programm nicht gefällt, muss man die Reise nicht antreten und wenn einem die Umsetzung nicht gefällt (z. B. zu wenig Zeit bei den Sehenswürdigkeiten, zu viel in Restaurants oder Manufakturen), sollte man daraus lernen, es konstruktiv direkt anmerken oder nachträglich - ebenfalls konstruktiv - mitteilen. Ständiges Gemecker im Namen aller nervt allerdings alle.

 

20. Tag – Indienroutine

Mittlerweile läuft es routiniert ab: die drei Frauen wollen ihre Samosas, wir nicht. Sie wollen auf den Markt, wir kurieren lieber unsere Erkältung und setzen uns nicht unnötig der smogverseuchten und feinstaubbelasteten Straßenluft aus. Zwar ist die Klimaanlagenluft der Innenräume ebenso wenig hilfreich zur Gesundung (in der Lobby, im Zimmer, im Bus, in den Geschäften, ja sogar im Fahrstuhl sind solche Klimaschleudern zu finden) und auch die Evaluierungen der Hotels sind eine regelrechte Seuche geworden. Doch der Stress der Straßen ist vermutlich noch schlimmer.

Mittlerweile rasten wir wieder in Jaipur, Im gleichen Zone-Hotel wie zuvor und wieder kommt der Koch persönlich zu unserem Tisch und versichert sich überdeutlich davon, ob auch wirklich alles in Ordnung sei. Währenddessen tritt wieder ein Kulturphänomen auf, allerdings eher auf der West-Ost-Achse des deutschsprachigen Raums. Denn Luxi fragt:

„Wenn ihr ‚viertel sechs‘ sagt, sagt ihr dann auch ‚zweiviertel‘ sechs?“

„Nein, wir kürzen den Bruch“, sollte in diesem Moment meine naturwissenschaftlich-sarkastische Antwort sein. Als trockener Treppenwitz würde es durchaus getaugt, aber ich zweifle, ob sie es verstehen würde.

 

21. Tag – Jaipur intensiv, der 2. Durchgang: „Buy or die…“ – „Bye!“

Sanjay meint eine Wohnung in Jaipur (der Hauptstadt Radschastans) koste 400.000 €. Wenn Inder in der Mittelschicht 700 - 4.000 € netto verdienen (es werden inoffiziell kaum Steuern oder Sozialabgaben gezahlt), müssen sie schon einige Zeit in einer der zahlreichen Bruchbuden wohnen oder weit außerhalb der Städte. Andererseits gibt es 60 % Mittelschichteninder und der Rest ist entweder arm oder reich. Bei solchen Dimensionen frage ich mich dann, wo wir uns in Deutschland damit verglichen einordnen. Denn bei Spendenaufrufen für Katastrophen in Asien spenden im besten Fall bei gleichgroßer Mittelschicht wie in Indien 50 Millionen Deutsche je 100 € im Durchschnitt = 5 Milliarden €, während in Indien 780 Millionen Menschen (= 60 % von 1,3 Milliarden Indern) je ca. 75 € im Durchschnitt = 58,5 Milliarden € (also das Zehnfache) spenden könnten. Woher kommt bei uns also die Spendenbereitschaft, da doch im Hinduismus Nächstenliebe und Almosen viel verbreiteter sind? Oder ist das bei uns nur organisierter bzw. kapitalisierter?

Jaipur: Spendenmarathon auf Indisch; Amber: Wachturm, öffentlich zugänglicher Brunnen
Jaipur: Spendenmarathon auf Indisch; Amber: Wachturm, öffentlich zugänglicher Brunnen

Und noch einmal geht es zum Amber Fort und damit auch in eine neue Runde von Händlern und Bettlern. Wer Sichtkontakt mit ihnen herstellt ist dabei schon fast verloren und sei es auch nur zufällig. Wo ein Händler steht, tummeln sich auch mehrere von ihnen. Sagt man etwas auf ihre Fragen, die lauten können: „Woher kommst du?“, oder „Wie geht es dir?“, ist bereits die 2. Stufe des Verkaufsgesprächs eingeleitet. Vielleicht lässt der Händler bei einem unfreundlich gezischten „No!“ noch locker. Immer funktioniert das aber nicht. Manchmal mache ich mir einen Spaß mit ihnen und antworte auf Einleitungen wie „Hello, my friend!“ mit „I‘m not your friend.“, auf „Excuse me please…“ mit „I don’t excuse!“, auf „Do you mind if …“ mit „I do mind.“, auf „Umbrella, just 500 Rupees.“ mit „Do you see it’s raining?“ und fühle mich oft dazu hingerissen auf „This elephant chain for 200 Rupees.“ mit „Okay give me the money!“ zu antworten. Meist ist simples Ignorieren am erfolgreichsten. Doch wenn man durch eine Marktstraße muss, kann es auch sein, dass einem grantig auf Englisch hinterher gerufen wird (ins Deutsche übersetzt):

„Wer hat dir erzählt, dass man nicht mit Händlern reden soll – deine Mutter?“

Der Knilch hat mich mit seinem Deine-Mutter-Witz wirklich herausgefordert, doch blieb ich bei der Ansicht, einfach kein Englisch verstehen zu wollen.

Manchmal ist es auch witzig wie sie eigene Fehler erkennen, z. B.:

„Good Morning – good morning!“ (es ist 14:30, ich reagiere nicht), „Äh, sorry, good afternoon.“

Hilft jedoch alles nichts gegen die aufdringliche Verkaufsmanie und die Wirkung einer geballte Ladung Ignoranz verpufft ungehört, dann kann es auch sein, dass ich mal die Ellenbogen ausfahre und mich breit mache als stünde ich allein einem Jain-Tempel. Bettlern muss man auch mal auf die Finger klopfen, um nicht von ihren speicheltriefenden Fingern immer wieder benetzt zu werden. Und begeht man den Fehler ihnen tatsächlich etwas Geld zu geben, lecken sie Blut und wollen mehr. Wahrscheinlich geht das so lange, bis man kein Fleisch mehr auf den Knochen trägt. Ich frage mich ob die Untoten bei einer Zombieapokalypse vor den Indern ausreißen würden…

Beobachtet man dieses Treiben eine Weile, lässt sich erkennen, wie Geldscheinbündel von Zeit zu Zeit den Besitzer wechseln, zwischen Händlern und Bettlern und wahrscheinlich auch den TAF-Touristen-Polizisten (ungefähre Abkürzung für: Tourist Allied Force). Selbst Sanjay übergibt des Öfteren solche Bündel unter der Hand an die Basar-Paten, selbst wenn die Sehenswürdigkeiten schon über den Eintritt finanziert wurden.

Amber Fort: Aufgang zum älteren Fort, 1 ¼ Flagge, Stadtmauer
Amber Fort: Aufgang zum älteren Fort, 1 ¼ Flagge, Stadtmauer

Statt erneut das Amber Fort zu besichtigen laufen wir lieber den ruhigeren Weg hinauf zur höher gelegenen Festung. Hier gibt es auch keine Händler mehr und es begegnet uns kaum noch ein Mensch.

Amber: Blick auf das Tal
Amber: Blick auf das Tal

Im Restaurant trotz Speisekarte mit Touri-Preisen nicht sicher zu sein, ob dieser Preis nun schon mit Steuer und Trinkgeld angegeben wurde, ist für mich auch Preisstress. Gerade in einem ohnehin schon teuren Restaurant, wo eine Suppe statt ca. 150 und 350 Rupien kostet und wir uns nicht ausgesucht haben dort zu essen, (sondern das von Sanjay wahrscheinlich in Ermangelung von Alternativen gewählt wurde) kann dieser Umstand ein böses Erwachen verursachen. Und ja: hier hätte Goa-Girl tatsächlich einmal Recht mit ihrer Preiskritik. Nur plötzlich ist es ihr nicht mehr zu teuer, denn nach ihrem 16stündigen Teilfasten für die 60jährige Bikini-Figur muss sie etwas essen, obwohl es ihr überall sonst zu teuer war und sie extra noch mal betonte, dass wir alle nicht so wohlhabend seien. Aber zum Schwärmen über die verschiedenen Sorten des Champagners reicht‘s wieder! Es kotzt mich einfach nur an. Aus diesem Grund lehnen wir später auch die Bitte ab, ihre Rucksäcke aus dem Bus ins Hotel mitzunehmen, damit sie ohne Gepäck über den Markt schlendern und shoppen bzw. Samosa essen gehen können. Wie schon bei dem Alten in der anderen Gruppe stehen wir hier der ignoranten Haltung von Kapitalisten gegenüber. Der hatte damit angegeben auf der einen Seite Porsche zu fahren und sich auf der anderen Seite über Sanjay aufregt, weil ein Tuk-Tuk für zwei Stunden umgerechnet 1,90 € kostet. Ich merke dabei wie ignorant wir selbst auf dieser Reise werden, z. B. gegenüber Bettlern und Händlern. Das entschuldige ich an dieser Stelle für mich damit, dass es auch andere Inder gibt, jene Mehrheit, die nicht um jeden Preis schnell reich werden will oder bei ihren Bossen und Eltern am Abend das Geld abliefern muss. Aber das ist natürlich meine Sicht unter den Informationen, die ich habe.

 

22. Tag – Noch einmal über Indien reflektieren auf der Fahrt nach Delhi

Unser altes Hotel in Gurgaon wurde von einer einzigen Familie in Beschlag genommen, vermutlich für eine Hochzeit. So schnell erkennt man den Einfluss des Wohlstandes auf die allgemeinen Abläufe. Hier kann man eben nicht auf alle Planungen vertrauen. Dadurch müssen wir kurzfristig umziehen, anstatt ein drittes Mal im gleichen Hotel zu nächtigen. Wieder einmal zeigt sich: In Indien sind nicht aller guten Dinge drei, sondern es ist für uns das Land der zwei Gelegenheiten. Nicht nur haben wir zwei verschiedene Reisen und zweimal das Tadsch Mahal und Jaipur besucht, sondern haben auch zweimal Sanjay als Reisebegleitung gehabt. Die „zwei Gelegenheiten“ werden sich vielleicht noch fortsetzen: Entweder gelangen wir noch einmal nach Indien oder möglicherweise erreicht Indien eine zweite, große Blüte, wie schon einmal vor tausenden von Jahren. Man wird sehen…

Delhi: Zwischen Kultur und Aufbruch: Slum, Moscheeruinensäulen, Verkehr
Delhi: Zwischen Kultur und Aufbruch: Slum, Moscheeruinensäulen, Verkehr

Während der Fahrt erzählt Sanjay noch etwas über die Unberührbaren, welche ähnlich behandelt wurden wie Leprakranke, weil sie unreine Sachen getan haben, z. B. mit toten Tieren und Leder gearbeitet, Rindfleisch gegessen oder Straßen gereinigt haben. Vegetarisch zu leben bedeutet daher besonders rein und heilig zu sein und daher aus religiösen und moralischen Gründen zu einer höheren Kaste zu gehören.

 

Nun müssen auch in dieser Gruppe zum Abschied wieder zwei der Gruppe nach Goa reisen, bleibt also noch eine Widersacherin im Hinblick auf das Treffen mit dem Maharadscha. Doch selten war ein Abschied so schön wie von Goa-Girl und Make-Up-Brünhilde. Und nun wirkt Luxi auch wieder normaler, bzw. passt sich unserer Meinung an. Oder ist sie durch ihre Anpassungsfähigkeit und Meinungsflexibilität vielleicht nur der Spiegel unserer selbst?

 

23. Tag – Barfuß in der Großküche

So wie die Reise in Delhi begann endet sie auch hier: Allerdings erblicken wir noch etwas Neues mit dem Gandhi-Mausoleum und dem Sikh-Tempel. Gerade dort in dessen Großküche stolpern wir barfuß zwischen den Töpfen herum und bewundern, wie die Sikh-Gläubigen freiwillig und kostenlos (finanziert durch Spenden der Gläubigen) Essen an jeden verteilen, der möchte. Wieder einmal ein Gegensatz oder eine Maßnahme gegen den Hunger der täglich zehntausend Menschen, die hier eine warme Mahlzeit bekommen.

Delhi: Gandhi-Mausoleum, Sikh-Tempel außen, Sikh-Tempel-Küche für kostenlosen Mahlzeiten
Delhi: Gandhi-Mausoleum, Sikh-Tempel außen, Sikh-Tempel-Küche für kostenlosen Mahlzeiten

Ebenso hungrig kreisen die Milane als Aasfresser überall über der Stadt, denn sie ernähren sich von den abgeschossenen Vögeln im Regierungsviertel (um die Straßen und Gebäude rein zu halten), von toten Kühen und vermutlich auch von den zahlreichen Streifenhörnchen.

Nun haben wir auch begriffen, dass wir den Herrn des Landes wohl doch nicht treffen werden. Zwar haben wir sein Land gesehen, doch der wahre Herrscher bleibt uns verborgen. Nun ja, demnach hat also niemand diesen Entscheid gewonnen. Nachdem Luxi sich noch ein Spa-Erlebnis im Hotel gegönnt hat und so dem aufkommenden Smog in der Lobby erfolgreich für zwei Stunden entflohen ist, folgen wir fortan wieder getrennten Wegen und können endlich diese Stadt verlassen um uns in bessere Lüfte zu erheben. Denn in den letzten Stunden hat der Rauch in der Stadt wieder zugenommen. Wir treffen sie noch ein paar Mal am Flughafen, doch nun geht es zurück in die Vergangenheit – aufgrund der Zeitverschiebung von Indien aus gesehen.

 

24. Tag – Zurück in der Vergangenheit

Am Ende glaube ich, dass uns der Maharadscha persönlich durch das Land geführt hat – in Form von Sanjay. Oder sollten wir uns selbst als Maharadschas bzw. Maharanis für den Zeitraum der Reise fühlen, wie einst Siddharta Gautama zum ersten Male aus seinem Gefängnis (vor allem für den Verstand) in das unbekannte Land hinaus trat und erschüttert war über die Verhältnisse? Es ist zumindest eine hübsche Vorstellung und wie ich finde ein recht passender Vergleich.

Und so singe ich im Geiste beim Abschied: Sanjay, Sanjay Reggae. Don’t worry, don’t hurry, take it easy … let the good vibes get a lot stronger“. Es ist eine gute Verbindung zwischen indischer Lebensweise und karibischer Rezeption von Urlaubsgefühlen.

Deutschland: München Flughafen, Smog über München, Sachsen
Deutschland: München Flughafen, Smog über München, Sachsen

Fazit: Es gibt in Indien noch sehr viel mehr zu entdecken, als wir in diesen drei Wochen erfahren konnten. Mein Eindruck dieser Zeit ist jedoch, dass wir uns gerade wieder in einer Zeit befinden, die der Zeit von Siddartha Gautama ähnelt, bevor er Buddha wurde, als er auf die Straßen trat und das Leid sah. So kam es mir in vielen Situationen vor, als wir durch die Straßen der Städte zogen, geleitet von einem echten Eingeborenen.

 

Abschließend bleiben in diesem mysteriösen Land viele Fragen zurück, unter anderem:

o   Wie funktioniert Meditation?

o   Gibt es ein Leben nach dem Yoga?

o   Wie fühlt sich Nirwana an?

o   Wozu braucht man dermaßen viele Götter?

o   Wie vögelt man im Nagelbett, bleibt auf glühenden Kohlen stehen, erträgt jahrelanges Süßigkeitenfasten, wozu dient Schwertkrötenschlucken und Kobrabändigen?

Und um den aktuellen Bezug herzustellen:

o   Wie wird sich Corona alias Covid-19 in Indien auswirken - oder kommt es eigentlich sogar von dort?

Zu allem gibt es eine ganz klare, unerschütterlich wahre Antwort, gewissermaßen die Antwort aller Antworten, das Maß aller Lösungen und die 42 unter den mathematischen Ergebnissen - bzw. das leuchtende Grau zwischen dem Schwarz und Weiß: vielleicht – zumindest, wenn man Entscheidungsfragen stellt. Ansonsten bleiben die Antworten der eigenen Empfindung überlassen.


Jaisalmers Fassaden …:

Jaisalmers Fassaden

… und Balkone …:

(und Varanasi ganz rechts)

… und Tür und Tor:

Jaisalmer
Jaisalmer
Udaipur
Udaipur
Jaipur
Jaipur
Agra
Agra

(Fehler erkannt? Genau, das jeweils erste Bild der letzten zwei Städte stammt aus der jeweils vorhergehenden Stadt!)

Anmutige Momente:

Open Source India: Open Schreinern, Open Barbier, Open Prüfungsergebnisse
Open Source India: Open Schreinern, Open Barbier, Open Prüfungsergebnisse
Glitzer: Kamel, Schmuckpferd, Traktor
Glitzer: Kamel, Schmuckpferd, Traktor
Hochzeitsanzeichen: Eingang, Ausrufwagen 1…, …und 2
Hochzeitsanzeichen: Eingang, Ausrufwagen 1…, …und 2
Transport: Viehtransport („Blow Horn“), Menschentransport, Koffertransport, Gedankentransport
Transport: Viehtransport („Blow Horn“), Menschentransport, Koffertransport, Gedankentransport
Gerüstbau
Gerüstbau
Alltagsreliefs: Todeselefant, Orgie, Sodomie
Alltagsreliefs: Todeselefant, Orgie, Sodomie
Tierisch: Auffahrunfall mit Elefanten, Springaffe, Zuschaueraffe
Tierisch: Auffahrunfall mit Elefanten, Springaffe, Zuschaueraffe
Diverses: Indisches Englisch: „Grab a Snackers“, „Generl Store“, schiefe Hütte, Müllkühe
Diverses: Indisches Englisch: „Grab a Snackers“, „Generl Store“, schiefe Hütte, Müllkühe

Verkehr:

Lastenkraftwagen-Schmuck
Last(en)kraftwagen-Schmuck
Indischer Verkehr Teil II: Motorrikscha, LKW-Gerippe, Pracht-Tuk-Tuk
Indischer Verkehr Teil II: Motorrikscha, LKW-Gerippe, Pracht-Tuk-Tuk
Indischer Verkehr Teil III: prächtiges Tuk-Tuk, Geschwindigkeitsangaben v. l.: 10 km/h, 30 km/h, 50 km/h; Rolls Royce – Vorlage für den indischen Peugeot 206
Indischer Verkehr Teil III: prächtiges Tuk-Tuk, Geschwindigkeitsangaben v. l.: 10 km/h, 30 km/h, 50 km/h; Rolls Royce – Vorlage für den indischen Peugeot 206